Quelle: Andreas Rabel / 02.02.16 / OTZ / OTZ online
Robert Förstemann beendet nach den Berliner Sixdays die Saison. Der 29-jährige Geraer nimmt sich eine Auszeit – und will danach mit Blick auf die Olympischen Spiele 2020 noch einmal durchstarten.
Berlin. Robert Förstemann dreht seine letzten Runden. Vorerst. Nach dem Sechstagerennen in Berlin ist Schluss. Der 29-jährige Geraer beendet die Saison – vorzeitig. Zu viel lief schief in diesem Winter – die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro werden ohne ihn laufen. „Das ist schon hart, sich das einzugestehen“, sagt er.
Förstemann zieht die Reißleine, wie er es ausdrückt, nimmt sich eine Auszeit, drei vielleicht auch vier Monate. „Im Prinzip fange ich wieder bei null an“, sagt er. Sein dreijähriger Sohn Noah wird merken, dass der Papa jetzt viel öfter zu Hause ist als sonst. „Ja, darauf freue ich mich. Auf die Zeit mit der Familie.“
Die vergangenen elf Jahre hat er für den Bahnradsport gelebt, seinem Körper aber wohl zu viel abverlangt. „Ich bin ohne Pause von Rennen zu Rennen gefahren. Immer Volldampf, immer volle Pulle.“ Und so lang es bergauf ging, die Leistung stimmte, die Rekorde purzelten, die Medaillensammlung wuchs, war das auch alles in Ordnung. Doch in dieser Saison habe er „einhundertfünfzig Prozent investiert – und nichts kam rum“. Nicht einmal Stagnation, nein, die Leistungen gingen sogar zurück.
Nach der verpassten Olympia-Qualifikation, 2012 in London zählte er zum bronzenen Teamsprint-Trio, stellte er alles und jeden in Frage – und zog Konsequenzen. „Ich arbeite seit zwei Wochen nicht mehr mit Emanuel Raasch zusammen“, sagt er und legt sehr viel Wert auf die Feststellung: Raasch ist nicht der Buhmann für eine verpasste Olympia-Qualifikation. „Ich habe Emu viel zu verdanken. Ich habe jahrelang mit ihm erfolgreich zusammengearbeitet, wir haben Weltrekorde und Titel eingefahren.“
Förstemann sucht einen neuen Sprinttrainer
Rückgängig machen kann er nichts, „aber ich bin auch keiner, der den Kopf in den Sand steckt“. Er blickt nach vorn. Seinen Körper will er von oben bis unten durchchecken lassen. „Ich schleppe seit Jahren ein paar Zipperlein mit mir herum. Jetzt will ich endlich einmal alles in Ordnung bringen.“ In den nächsten Monaten wird er sich reiflich überlegen, wie es weitergehen soll mit dem Bahnsprinter Förstemann – wer sein neuer Sprinttrainer sein wird, ob er weiter in Berlin wohnen bleibt. „Ich habe mehrere Optionen, aber nichts ist spruchreif. Ich nehme mir die Zeit, das alles in Ruhe zu planen.“ Wenn das geklärt ist, will er noch einmal vier Jahre durchziehen. „Ich habe lange nicht alles erreicht, was ich erreichen kann“, sagt er. „Und ich weiß, was ich kann. Ich weiß, dass ich es kann.“ Und das will der gebürtige Greizer auch zeigen – mit Blick auf Olympia 2020 in Tokio.
Einen neuen Athletikcoach muss der Wahl-Berliner nicht suchen. Vor gut einem Jahr, als ihn ein Bandscheibenvorfall bei der Sportlerwahl in Baden-Baden aus der Bahn warf, vermittelte Raasch ihm einen neuen Fitness-Coach. Einen, der das Krafttraining nach dem Bandscheibenvorfall kurz vor Weihnachten 2014 umstellte. „Johannes Lukas hat mir zum Beispiel bei den Kniebeugen eine völlig neue Technik beigebracht. Ich bin jetzt wieder bei den Lasten, die ich vor dem Bandscheibenvorfall gestemmt habe. Aber ich habe weder Knie- noch Rückenschmerzen“, sagt Förstemann.
Doch die kommenden Wochen wird er sich wohl nicht groß blicken lassen im Kraftraum. „Klar werde ich mich bewegen, mich fit halten.“ Doch will er auch Dinge tun, die ihm Spaß machen, die ihn auf andere Gedanken bringen, die seinen überstrapazierten Körper zur Ruhe kommen lassen. Skifahren will er lernen, querfeldein radeln, Fallschirmspringen – und nach der Auszeit mit Volldampf auf die Bahn zurückkehren.